Sonntag, 27. Juni 2010

~ Tarot-Initiation ~

 

Autor: Wanja Benuaté
 

Häufig werden den 22 Trumpfkarten des Tarot 22 spirituelle Wege des Menschen zugrunde gelegt. Die 22 spirituellen Wege finden sich auch in der Mystik der Kabbala wieder. Der kabbalistische Lebensbaum enthält 10 Sephiroth, die durch 22 Wege oder Einzelschicksale miteinander verbunden sind. Jeder Tarot-Trumpf symbolisiert auf bildhafte Weise einen dieser Initiationswege und die darin erhaltene Kraft.

Die 22 Trümpfe des Tarot (die Arkana) beschreiben also verschiedene Initiationsstufen, ich nenne sie auch „Sternenwege“. Damit verbunden sind bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die verschiedene Verantwortungen und Aufgaben enthalten. Oder sie sind Hinweise auf Situationen, Weggabelungen, an denen man sich momentan befindet. Sie enthalten ganz bestimmte, archetypische Lektionen, die es zu meistern gilt.

Aus den Sternenwegen der Arkana lassen sich Rückschlüsse über Ereignisse der (näheren) Vergangenheit sowie der (näheren) Zukunft ziehen, wobei es sich hierbei immer nur um Richtungen handelt, die sich im laufenden Prozess ständig verändern (sofern jemand im Fluss lebt). Wird eine Tendenz frühzeitig ausgelotet, kann man diese bereits in die Gegenwart installieren, sodass sich die künftige Aufgabe einfacher, wenn nicht als Offenbarung gestaltet.

Die Initiationsstufen der Archetypen liefern einen Schlüssel für Alltag, d. h. es geht um bestimmte Eigenschaften der Persönlichkeit, die man ständig in unterschiedlichen Formen durchläuft.

Magisch kann das so aussehen, dass du dir mit Mullbinden und Gips die Maske eines immer wiederkehrenden oder dich ansprechenden Archetypen (repräsentiert durch eine bestimmte Gottheit/Kraft/Engel/Genius) anfertigst. Alternativ kannst du dir auch eine Maske kaufen. Lasse dir dafür Zeit, behalte den Wunsch nach einer „passenden“ Maske im Hinterkopf und halte immer mal wieder die Augen offen, wenn du über Kunstmärkte, Flohmärkte, in Requiste-Läden, Afroshops o. ä. unterwegs bist. Zieht dich eine Maske in ihren Bann, kaufe sie und probiere, damit zu arbeiten.

In einem Ritual kannst du die Maske mit der bestimmten Kraft der Wesenheit oder Symbolik aufladen. Wenn Du die Maske dann aufsetzt, stelle dir vor, dass die Kraft der Wesenheit auf Dich übergeht, Du WIRST zu diesem Wesen bzw. nimmst bestimmte Charaktereigenschaften der Entität/Gottheit auf.

Nehmen wir beispielsweise die Göttin Isis mit ihren ganz bestimmten Qualitäten. Im Tarotdeck identifiziere ich sie mit der Hohepriesterin und damit als dem Planeten Mond zugehörig. Es gibt aber auch Systeme, die Isis mit der Venus in Beziehung stellen. In dem Fall würde sie im Tarot mit der Karte „die Herrscherin“ in Beziehung gestellt. Im Ergebnis spielt es keine Rolle, entscheidend ist, welche Qualitäten du mit ihr assoziierst.

In der Vorbereitungsphase auf die Auswahl einer bestimmten Gottheit muss als Vorausbedingung immer eine persönliche Beziehung hergestellt werden. Hierbei empfiehlt sich der Schulung und Initiation wegen, unbedingt auch eigene Analogien und Assoziationen zu entwickeln. Je stärker man bestimmte Eigenschaften einer bestimmten Gottheit zuordnet, desto einfacher ist es, diese über die Invokation in sich selbst zu verstärken.

Durch Evokation und Invokation werden die kosmischen Kräfte auf unsere Sphäre herunter gezogen. Der Unterschied ist nur der, dass bei der Evokation (evocare – hervor oder herbei rufen) die Wesenheit in einen Kreis, Spiegel, Gefäß o. ä. gerufen wird, bei der Invokation (in vocare – in sich hineinrufen) ist der Mensch selber das Gefäß. In anderen Kulturen nennt man diese Form auch „Besessenheit“, was ich für inkorrekt oder nur selten für gegeben halte, denn Besessenheit bedeutet den totalen Kontrollverlust, was in der Form nicht richtig ist. Das Bewusstsein des Menschen tritt nur für einen Moment ein wenig zur Seite, damit sich die Wesenheit durch einen selbst manifestieren kann.

Nachdem du eine Maske rituell hergestellt oder gekauft hast, trägst du diese immer wann du willst und wann es passt, z. B. in magischen Ritualen, bei Evokationen, während einer Traumreise, bei der Meditation etc.

Wichtig ist dabei, dass der Trigger für das lenkende Unterbewusstsein erhalten bleibt, d. h. das Gefühl, Isis mit ihren Attributen in dir aufzunehmen findet nicht dauerhaft, sondern ganz gezielt zu bestimmten Zeiten und Zwecken statt.

Schon nach relativ kurzer Zeit kannst du dich schon „anders“ fühlen, d .h. immer dann, wenn du die Maske trägst, wirst du merken, das ein Teil von dir anders (d. h. erweiterter bzw. intensivierter) als vorher denkt, fühlt, spricht, handelt. Sollte das Gegenteil eintreten (was mir in 12 Jahren magischer Praxis noch nicht vorgekommen ist), dann ist dieser Weg vielleicht nicht der Richtige für dich. Um Verletzungen in Seele, Psyche und Körper zu vemeiden, solltest du erst einmal Abstand davon nehmen.

Die positive Erweiterung deiner Wahrnehmung und Gefühls- sowie von Situationen in der Alltagswelt bedeutet, dass die Energie der Verkörperung „Isis“ auf dich übergegangen und erfolgreich angenommen wurde. Andererseits wäre es sehr schade, wenn man sich durch Voreingenommenheiten oder durch die Warnung „Unwissender“ einen Erfahrungsschatz wie diesen verbietet. (Mir ist bisher auch kein einziger Fall bekannt, das jemand durch ein Fastnacht- oder Halloween-Kostüm nicht mehr aus dieser „Rolle“ herausgefunden hat und in die Psychiatrie eingeliefert wurde, auch wenn ich es für denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich halte).

Diesen Vorgang der hier bei der Übertragung bestimmter Qualitäten aus dem Makrokosmos in den Kosmos des Menschen hinein zugrunde liegt, zähle ich zu den Invokationen. Es gibt verschiedene Formen der Qualitätsübertragung und auch verschiedene Möglichkeiten der Invokation. Die Maske ist dabei keine Pflicht, sondern ein bewährtes Hilfsmittel. Nach einiger Übung kann man die Maske auch weglassen. Manche benutzen sie aber auch als Fortgeschrittene immer wieder gerne, weil sie relativ leicht Hand zu haben ist. Nach Absetzen der Maske ist die Invokation automatisch beendet und der Magier/Schamane/die Hexe/der Energiearbeiter kehrt mit den erworbenen oder ‚freigeschalteten’ Anteilen in seinen Alltag zurück.


Blitz und Donner!

Wanja

 

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