Sonntag, 30. Januar 2011

~ Der menschliche Wille und die Zauberkraft der Geister ~

 
Autor: Aristophanes
 


Im Folgenden ein kurz gefasster Anschnitt über den heiligen Bund von Menschen und Geistern:

Dort, wo der Engel [Geist] den Menschen berührt und dort, wo der Mensch seinen Willen bekundet, werden nach mystischem Grundsatz andere Wirklichkeiten erschaffen.

In allen heiligen Traditionen ist der Bund zwischen den Menschenkindern und den Wesen des Himmels verbürgt. Dieser tritt im mystisch-zauberischen Weltbild anschaulich zutage.

Für das Hereinwirken jener Geist-Kräfte, die sich aus den höchsten Himmeln in die niedrigsten Welten herab gießen, ist neben der Imagination des Menschen auch sein Wille von zentraler Bedeutung.

Aus diesem Grunde hört und liest man auch allenthalben, ein Kampf sei vor langer Zeit entbrannt, zwischen guten und bösen Mächten, die sich um die Herrschaft im Himmel sowie auf Erden widerstreiten. Sich den Menschen als Bundgenossen zur Seite ziehend – denn der Mensch sei der Schlüssel zur irdischen Welt, sowie die Geister oder Engel der Schlüssel zur nichtirdischen Welt seien. Denn an ihn, dem Menschensohne, ist nicht zuletzt die ‚Bewirtschaftung’ der irdischen Welt übergeben worden.

Das Zitat „Des Menschen Wille sei sein Himmelreich“ illustriert, dass er nicht ablassen soll von der Schulung seines Willens. Um seiner selbst und um des Himmels Willen. Er ist ohne die Mächte des Himmels auf sich allein gestellt. Es sei denn, er wird sich der Präsenz übernatürlicher Geisterheerscharen bewusst, die dem Menschen behilflich sind und mit ihm den Bund erneuern und aufrechterhalten. Ein willenloser Mensch ist ohnmächtig. Sein überlebenswichtiges Werkzeug versinkt bis auf den Grund eines dunklen Ozeans: Und er getraut sich nicht hinunter zu steigen, da ihn die Dunkelheit und Kälte des schwarzen Wassers zu verschlingen droht.

Die menschliche Furcht, jene Schwelle, den Grenzstein zu übertreten und zum Halbbürger der andersgearteten Welt zu werden, liegt in der natürlichen Furcht vor dem Verirren begründet. Eine starke [intakte] Persönlichkeit ist notwendig, um in die Lage zu kommen, zum unberechenbar erscheinenden Wesen seines Willens vorzudringen. Und auf der Reise durch die Schichten des Bewusstseins begegnen ihm immer wieder auch Schatten, Schemen und dunkle Landstriche. Während wir bei einer Zugfahrt durch unbekanntes Gebiet jedoch auch nicht aus lauter Furcht mitten auf der Strecke aussteigen, bevor wir überhaupt am Ziel angekommen sind, nur weil die Landschaft uns karg, düster und fremd dünkt.

Sollte er nun vorzeitig seine Reise beenden und mitten auf der Strecke aussteigen, wird er voraussichtlich niemals erfahren, dass irgendwann einmal auf die karge und öde Landschaft auch wieder ein sonnendurchflutetes Paradies folgen wird. Schicksalsbehaftet all jene, die darauf ihre voreiligen Schlüsse für den Rest ihres Lebens ziehen: Eine Reise lohne sich nicht, da sogleich auf die bekannte [sichtbare] Welt nur noch ein dunkles, bedrohliches Land ohne Sonnenschein folgt.

Doch wie auf ein irdisches Dunkeltal auch wieder eine freundliche Hochebene folgt, so ist das astrale Tal nicht Anfang und Ende der jenseitigen Welt. Der in der Willenskraft geschulte Magier ist ein Wanderer und damit Halbbürger der unsichtbaren Welt, welcher auf einem von ihm selbst schon lange zuvor ausgetretenen Pfad entlang schreitet. Für das sichtbare Auge unsichtbar und deswegen befremdlich für den beiläufigen Beobachter. Doch der Wanderer, der ihn geht, weiß um ein Ziel, denn irgendwann wird der Zug halten; und er steigt nicht früher aus, wenn sich kurzzeitig die Sicht verdunkelt.

Wendet sich der Mensch dem magischen Denken zu, schult er neben seiner Intuition auch seinen Willen. Der Wille wird wie ein Werkzeug durch stetiges Bearbeiten über die Zeit betrachtet zu einem wesentlichen Instrument. Die Bekundung des Willens weist ihn auf Grund seiner individuellen Eigenarten als einer bestimmten Gattung zugehörig aus und er zieht auf natürliche Weise hiermit jene Geistwesen heran, die ihm die entsprechende magische Kraft zukommen lassen oder die jene schon in ihm vorhandene Zauberkraft entzünden, welche als logische Folgerung den vorher bekundeten Willensakt auf die Reise durch die Formenwelten entsendet.

Die Charakterbildung durch eine stete Selbstveredlung steigert das charakterliche Niveau des Menschen. Es sind jene Anlagen, die dem Menschen scheinbar in die Wiege gelegt wurden, seine Talente und Neigungen, sein Sinn für Gerechtigkeit, Ideale, Werte, seine Integrität, welche sein wahrhaftiges Wesen offenbaren.

Das Wesen seines Charakters ist die Ernte seiner früheren Leben. So ist der Mensch in jedem Augenblick immer die Summe all seiner früheren Gedanken und früheren Handlungen. Das, was er heute ist, war er zu einem früheren Zeitpunkt bereits in seinen Gedanken. Und so wie er heute denkt, handelt er schon, wodurch sich mit dem heiligen Bündnis entsprechende Geister an ihn binden, die ihm in seiner Entwicklung behilflich sind.

Mit der Unterstützung unsichtbarer Helferkräfte werden dem Menschen vermeintliche Wunder möglich. Hier gilt es zu bemerken, dass Wunder uns nur wunderbar erscheinen, es sich jedoch dabei gleichwohl um Ereignisfolgen handelt, welche nicht in ihrem Zusammenhang geschaut werden können und aufgrund dieses Umstandes als mysteriös gelten.

Ein guter oder ein schlechter Charakter sind keine Zufälligkeiten, sondern immer eine natürlich erfolgte Notwendigkeit, welche sich nach den Wertigkeiten und vorherrschenden Qualitäten der jeweiligen menschlichen Natur richtet.

Der Habitus eines Menschen enthüllt dessen Bonität!


Wien, im Jänner 2011

 
 

Copyright © Aristophanes
 




Dienstag, 11. Januar 2011

~ Das Serapeum von Sakkara ~

 
Autor: Anthera
 


Das Serapeum von Sakkara – ein ewiges Rätsel. Oder doch nur deshalb unverstanden, weil es aus einer Zeit stammt, in welcher der antike Mensch so gänzlich anders dachte, handelte und lebte, sodass es uns heute schwierig erscheint, den mit ihm verbundenen Orten die Geheimnisse zu entlocken?

Seit 150 Jahren blickt die interessierte Welt nun schon in dunkle Gänge unterhalb des Wüstensandes und wundert sich über die gigantischen Stein-Sarkophage im Serapeum. Es wird angenommen, dass hier einst die als Gott verehrten Apis-Stiere einbalsamiert und zur letzten Ruhe gebettet wurden. Nur fand sich in den großen Stein-Sarkophagen keine einzige Stiermumie. Vielmehr entdeckte der französische Ägyptologe Auguste Ferdinand François Mariette im Jahr 1851, nachdem er den massiven Deckel entfernen ließ, nicht viel mehr als eine stinkende klebrige Masse, in der kleine, zum Teil zerriebene Knochensplitter und andere Teile von – wie sich später herausstellte – verschiedenen Tieren seit Jahrtausenden vor sich hin moderten. Wie passt diese Entdeckung in eine Grabanlage zu einer Zeit, in der verstorbene Menschen und Tiere mit der größten Sorgfältigkeit und hohem Aufwand bestattet wurden?

Um die Relikte in den Katakomben der alten Ägypter zu verstehen und die Spuren deuten zu können, müssen wir magisch denken!

Die ägyptische „Nekropole“ Sakkara war nicht nur Nekropole, sondern einst über viele Jahrtausende geistiges und kulturelles Zentrum der alten Welt, eine der größten, mächtigsten und reichsten Städte. Schicksalsstation für viele. Lebensursprung, -mittelpunkt und –ziel.
Sakkaras Ruf war über die Grenzen des Reiches hinaus legendär und von weit und fern kamen Pilger in die Stadt – und nicht wenige blieben.

Sie kamen - mitunter alles hinter sich lassend - um sich den Schutz und Beistand der Götter zu erkaufen – oder zu verdienen, denn auch die Pilger brachten Fertigkeiten mit, von denen Sakkara profitierte. Und hier – im heiligen Zentrum der damaligen Welt – waren die Götter präsenter, mächtiger und spürbarer als im Rest des Reiches. Amulette wurden erstanden, in den Tempeln wurde den Fragenden orakelt und die Zukunft geweissagt. Darüber hinaus war Sakkara bekannt für ihre beträchtliche Anzahl der besten und fähigsten Ärzte, Priester und Alchemisten. Aber im Tempel fanden sich auch Rechtsgelehrte. Anwälte, zu denen Menschen kamen, die sich in Streitfragen (Scheidung, Erbstreitigkeiten, Diebstähle etc.) beraten ließen.

Das Serapeum ist ein Bezirk inmitten der Stadt und besitzt einen abgetrennten Tempelkomplex. Oberirdisch sieht man heute nur noch Ruinen, unterirdisch befinden sich langläufige Katakomben, die noch in Takt sind. Das Serapeum war über viele Jahrtausende die große Tempelanlage und das Zentralheiligtum Sakkaras.

Die Wallfahrer und Wanderer kamen zu gesundheitliche Kuren in jenen Serapis-Tempel oberhalb des Serapeums und erzählen den Traumdeutern ihre Träume, woraufhin eine Analyse erfolgte. Die Beratung des Traumdeuters wurde mit der Verordnung des behandelnden Arztes ergänzt. Dem jeweiligen Pilger standen während seines Aufenthalts im Tempel neben dem Arzt und Traumdeuter ein medial beratender Priester/Schamane/Magier, ein Astrologe zur Berechnung der richtigen Zeitqualitäten, sowie ein Alchemist zur Seite.

Die Frage stellt sich eigentlich zwangsläufig: Wo haben die vielen Ärzte und Heilkundigen ihre Medizin hergestellt?

In den Aufzeichnungen Mariettes findet sich übrigens ein wesentliches Detail: Er erwähnt, dass er in der klebrigen Bitumen-Masse „beinah zufällig“ 15 Figürchen und einige Amulette fand. Was jedem Magiekundigen spätestens an dieser Stelle natürlich sofort ins Auge springt: Hier wurde eine Tinktur, eine Essenz, möglicherweise eine magische, von Fetischen unterstützte Universal-Medizin (oder deren Basis) angerührt.

15 Figürchen und Amulette in einer stinkenden Masse voll kleinster Knochensplitter deuten darauf hin, dass es sich hier eben um keine Grabbeigaben (für einen nicht gefundenen Stier) oder für einen Toten handelt, sondern vielmehr darauf, dass der Steintrog zur Herstellung einer größeren Menge eines „Allzweckmittels“ für die Lebenden Verwendung fand. Angesichts der großen Metropole und dem oberirdischen Tempel- und Heilkomplex ein sehr banales und auch nötiges Werkzeug.

Wahrscheinlich haben wir es beim Serapeum also mit keiner Grabanlage, sondern mit einer magischen Alchemisten-Küche oder sogar einer Erzeugnis-Werkstatt zu tun. Eine altägyptische Fabrik, die organisches Material für eine häufig gebrauchte Substanz verwendete.

Die ältesten bzw. größten „Hexenkessel“ der Welt könnten also jene „Steinsarkophage“ im Serapeum gewesen sein. Sie wurden durch die schweren Granitplatten luftdicht abgeschlossen (was auf einen Prozess im Inneren deutet). Der Deckel ist fast so dick und massiv wie der „Sarkophag“ (bzw. Steintrog) selbst.

Magische Figürchen dienten nicht nur den Toten als Begleitung in das Jenseits, sondern auch den Lebenden als Stellvertreter für z. B. Krankheiten. Verschiedene Tiere wurden nachweislich mit bestimmten Leiden verbunden und ihre Knochen oder auch Körperteile zermahlen, um daraus Heilmittel herzustellen. Das ist uns heute aus anderen Kulturen nicht fremd und findet sich u. a. im Papyris Ebers. Auch ist es nach der Sympathielehre, die auch die alten Ägypter kannten, so, dass z. B. ein Mensch mit einem Herzleiden das Herz eines Löwen o. ä. zu sich nehmen musste. Dies geschah sehr wahrscheinlich nicht auf direktem Weg, sondern die Organe wurden entnommen, eingekocht oder zermahlen und daraus eine Substanz hergestellt, die der herzkranke Mensch dann während einer Kur in kleineren Dosen zu sich nahm.

Das Serapeum als Medizin-Manufaktur des antiken Ägyptens.

Wenn wir das nächste Mal in Sakkara sind, lasst uns die Augen offenhalten und das Serapeum unter dem Aspekt einer Art „alchemistisches Laboratorium altägyptischer Apotheker“ noch einmal gesondert (d. h. neu) in Augenschein nehmen.


„…und Vorzeichen haben die Ägypter weit mehr herausgefunden als alle anderen Völker. Wenn nämlich etwas Auffälliges geschieht, achten sie auf dessen Folgen und schreiben sie auf. Bei einem ähnlichen Vorfall in der Zukunft glauben sie dann, es müßten wieder die gleichen Folgen eintreten…“
- Herodot - ( Historien 2, 85)

 

Anthera im Januar 2011

 
 

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